Wirkfaktoren

Natur, Spiel, Gruppe, Familie und Reflexion – die Grundsäulen des Konzept TherapieRaum Natur

Durch den ganzheitlichen Ansatz und das gemeinsame Erarbeiten der Wirkfaktoren wird ein Gesamtbild vermittelt, das die Teilnehmenden befähigen soll, Anlässe für Erlebnisse in der Natur für Familien-Gruppen im Team zu planen, zu schaffen und zu leiten. Die Teilnehmenden lernen Methoden kennen, die familiären und kindlichen Ressourcen zu nutzen und zu stärken, um die bio-psycho-soziale Gesundheit des Kindes und die familiäre Gesundheit zu fördern. Selbstreflexion und Selbsterfahrung sind wichtige Elemente und ziehen sich wie ein roter Faden das Konzept. Eine intensive Auseinandersetzung mit der eigenen Biografie trägt zur fachpersönlichen Entwicklung bei und ist wesentlich für eine qualitativ anspruchsvolle Umsetzung des Gelernten.

Das zentrale Element ist das Vermitteln folgender Wirkfaktoren:

Kind spielt in der Natur

Wirkfaktor Natur

In der Natur ist die Informationsaufnahme und -verarbeitung im Gehirn leichter, weil die Reize der kindlichen Aufmerksamkeitsspanne entsprechen. Die Kinder erfahren ihre Umwelt über Tätigkeiten mit ihrem Körper und ihren Sinnen und begreifen dabei Ursachen und Wirkungszusammenhänge. Fähigkeiten und Fertigkeiten wie Körperwahrnehmung, Konzentration, Gleichgewicht und Koordination werden wie nebenbei trainiert.

KOMPETENZBOOSTER NATUR

In dem von Angelika Reichartzeder und Elisabeth Tomasi verfassten Fachartikel für die Green Care, erfahren Sie, warum die Natur ein idealer Entwicklungs- und Erfahrungsraum für Kinder wie auch Erwachsene ist.
Kinder spielen mit Sand und Erde

Wirkfaktor Spiel

Gemeinsames Spiel in der Natur baut Stress ab, wirkt beziehungsfördernd und hilft Kindern, aufmerksam bei der Sache zu bleiben. Es wirkt sich positiv auf das Verhalten von Kindern aus und hilft Familien, zueinander zu finden. Im Spiel machen die Kinder eigene Erfahrungen und lernen neue Strategien.

Kindergruppe in der Natur

Wirkfaktor Gruppe

Beim Spielen in der Gruppe müssen sich die Kinder miteinander verständigen und absprechen. Sie lernen die Wünsche der anderen zu respektieren, eigene Vorschläge durchzusetzen und/oder ihre Bedürfnisse hintanzustellen. Die soziale Kompetenz und die Kommunikationsfähigkeit aller Teilnehmer*innen werden gefördert.

Familie sitzt zusammen am Seeufer

Wirkfaktor Familie

Durch die Teilnahme der Eltern und Geschwisterkinder an der Gruppe können die erlernten Fähigkeiten und veränderten Verhaltensweisen direkter in den familiären Alltag übertragen werden. Die Kinder machen neue Erfahrungen und lernen neue Fertigkeiten nicht isoliert im Therapiesetting, sondern im Familienverband. Die Teilnahme der Eltern und Geschwister ist daher wichtiger Bestandteil des Behandlungsprozesses.

Mutter, kleiner Sohn und Tochter spielen mit Blättern

Wirkfaktor Reflexion

Es ist für Kinder und Eltern wichtig, das Erlebte und Erfahrene zu reflektieren, um die positiven Erfahrungen in den Alltag zu übertragen. Dabei ist es wichtig, dass die Wünsche, Meinungen und Bedürfnisse aller Familienmitglieder gleich ernst genommen werden, sodass sich jeder gesehen und gehört fühlt. Das ermöglicht einen respektvollen Umgang und eine Veränderung der Beziehung.

Wirkfaktor Natur – Warum die Natur positiv auf uns Menschen wirkt

Die Natur wirkt auf mehreren Ebenen auf Gesundheit und Wohlbefinden ein, die im Folgenden aufgeführt werden:

1. Familiäre Gesundheitsförderung und Salutogenese: Gemeinsame Erlebnisse in der Natur helfen Kind und Familie

Die empirischen Befunde zur belebenden und gesundheitsfördernden Wirkung von Natur sind vielfältig. So haben Naturräume mit Wiesen, Feldern, Bäumen und Wäldern eine belebende Wirkung bzw. bewirken eine Erholung von geistiger Müdigkeit und Stress (vgl. Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.), Bonn, 2010). Familien sind traditionell in erster Linie für die Gesundheit ihrer Mitglieder zuständig. In vielen Alltagshandlungen fließt dabei tradiertes Wissen und überlieferte Praxis ein. Aber die Familie ist nicht nur in Bezug auf ihr Handeln, sondern auch als solidarischer Lebenszusammenhang die soziale Einheit, die Gesundheit entstehen lässt. Eine wichtige Aufgabe von Familie in diesem Zusammenhang ist die Sicherstellung einer gesunden und verantwortungsvollen Lebensführung ihrer Mitglieder (Handbuch Familie, Springer 2020). Der Aufenthalt in der Natur bringt zahlreiche positive Wirkungsweisen auf das System Familie. Das gemeinsame Agieren und die Begegnung von Kind und Erwachsenem auf Augenhöhe wirken beziehungsfördernd und ermöglichen einen entspannten Umgang miteinander.

Gemeinsame Erlebnisse in der Natur helfen Kind und Familie, chronischen familiären Stress zu reduzieren, eigene Grenzen zu erkennen, sich selbst anzunehmen, Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten (wieder) zu entdecken und sich achtsam gegenüber Tieren und Pflanzen zu verhalten.

Dabei können folgende soziale Effekte festgehalten werden:

  • Stärkung von Selbstvertrauen und Kohärenzgefühl
  • Erleichterung von Kontakt und Zugang
  • Förderung von (non-)verbaler Kommunikation
  • Stärkung des Gruppengefühls
  • Stärkung des Durchhaltevermögens
  • Erfahren und Anerkennen von Grenzen
  • Erproben von Bindung und Beziehung
  • Verbesserung der Eltern-Kind-Interaktion
  • Stärkung der Bindung zwischen Eltern und Kind
  • FLOW-Erlebnis: Vertiefung (Konzentration) und Aufgehen (Absorption) in der Tätigkeit (Csikszentmihalyi, Mihaly)
 

Beispiel: Bau einer Hütte

Durch die gemeinsame Planung und Zusammenarbeit wird gelernt, die Fähigkeiten jedes einzelnen Familienmitgliedes anzuerkennen und zu achten. Die Familienmitglieder lernen einander zuzuhören und sich zu verstehen (Verstehbarkeit), auf ihre familiären Ressourcen zu vertrauen (Handhabbarkeit) und erleben sich als kompetent und bedeutsam (Sinnhaftigkeit). Gemäß dem Prinzip der Salutogenese wird so präventiv als auch therapeutisch ein positiver Einfluss auf die familiäre Gesundheit erzielt.

Die Erfahrungen, die in der naturnahen Umgebung ohne Druck und Stress gemacht worden sind, können in den Alltag übertragen werden und verändern die familiäre Interaktion nachhaltig.

Mutter reicht ihrem kleinen Sohn ihr Baby.
Kleines Mädchen stemmt einen großen Ast in der Natur

2. Bewegungsförderung – Stressabbau durch Bewegung

Aufgrund gesellschaftlicher Veränderungen ist die Zeit, die Kinder und Familien in der Natur verbringen, deutlich gesunken. Dadurch kommt es zu Bewegungsmangel und den damit verbundenen Beschwerden: u.a. Adipositas, muskuläre Hypotonie oder Diabetes. Weiters stellt man ein vermehrtes Auftreten von Verhaltensproblemen und psychischen Störungen im Kindesalter fest, dazu gehören u. a. Angststörungen, Depression, AD(H)S.

Konzepte, die die positive Wirkungsweise der Natur gezielt einsetzen, haben sich als Instrument zur Behandlung von Verhaltensproblemen, psychischen Auffälligkeiten und Bewegungsdefiziten bewährt. Zahlreiche Studien (Raith/Lude,2014) belegen, dass der Aufenthalt in der Natur gute Voraussetzungen schafft, um Kinder und Familien in Bewegung zu bringen. Im Entwicklungsraum Natur werden körperliche und geistige Fähigkeiten und Fertigkeiten, die für die Erhaltung des seelisch-körperlichen Gleichgewichts notwendig sind, ressourcenorientiert trainiert.

Kinder laufen in der Natur

3. Biophilie – die positive Wirkung des Spiels in der Natur

Die Liebe zur Natur ist dem Menschen angeboren – so die Theorie der Biophilie. Nach Erich Fromm und Edward. O. Wilson besteht eine angeborene Affinität zur Natur. So möchte der Mensch am Wachsen teilhaben – sei es bei Pflanzen, Menschen oder sozialen Gruppen. 

Die Annahme, dass die Natur den Menschen in keinem Fall unberührt lässt, zeigt, welch wichtige Rolle diese für die Entwicklung des Menschen spielt und welche positiven Wirkungsweisen der Aufenthalt in der Natur in sich trägt. Die gegebenen Reize der Natur können optimal von Körper und Geist verarbeitet werden und sprechen die innere Verbundenheit der Menschen mit der Natur an. Dem Prinzip der Biophilie entsprechend ist daher der Aufenthalt in der Natur für die ganze Familie förderlich, weil die Verbundenheit mit der Natur die Achtsamkeit und den gegenseitigen Respekt anregt. Besonders auf die Entwicklung des Kindes hat der Aufenthalt in naturnahen Räumen einen positiven Einfluss. Im Kindergarten- und Grundschulalter zeigen Kinder zunehmend Interesse an Phänomenen der Natur (Erikson 1994). 

Die Auseinandersetzung mit ihrer belebten und unbelebten Umwelt scheint auch für eine gesunde emotionale, körperliche und kognitive Entwicklung notwendig (u.a. Gebhard 2014). Dem gegenüber verbringen Kinder heute tendenziell viel Zeit in Innenräumen und in pädagogischen Einrichtungen wie Schule und Kindergarten (Zucchi 2002) und haben eher selten die Möglichkeit zum freien Spiel in der Natur.

Seelische geistige Effekte:

  • Training von sensomotorischen Fähigkeiten und Fertigkeiten
  • Selbstwirksamkeit
  • Steigerung von Konzentrations- und Merkfähigkeit
  • Förderung von Kreativität und Problemlösungskompetenz
  • Entspannung und Vermeidung von chronischem Stress
  • Verbesserung von Selbstwahrnehmung und Selbstwertgefühl
  • Reduzierung von Unruhe und negativen Gedanken
  • Minderung von Ängsten, AD(H)S und Depressionen
Kind erkundet Sonnenblume
Kinder spielen in der Natur